Saturday, September 28, 2013

Jenny Elvers gewinnt

Jenny Elvers gewinnt "sinnfreie Promi-Qual-Show"

Nach der Dauerbeobachtung verließ Jenny Elvers-Elbertzhagen als Siegerin das "Big Brother"-Haus. Für das Format hagelte es Kritik. Komiker Oliver Kalkofe ätzte: "undurchdachtes Promi Big Bullshit". Von
Die Schauspielerin Jenny Elvers (M) ist die Siegerin beim Finale der Sat.1-Live-Show "Promi Big Brother" am 27.09.2013 in Berlin und wird von der Moderatorin Cindy aus Marzahn (l) und der US-amerikanischen Schauspielerin Pamela Anderson empfangen. Bis zu zwölf Bewohner wurden dort rund um die Uhr durch Kameras beobachtet. Auszüge daraus waren 14 Tage lang täglich ab 22.15 Uhr bei Sat.1 zu sehen. Foto: Jörg Carstensen/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Foto: dpa Goldregen für Jenny Elvers-Elbertzhagen: Moderatorin Cindy aus Marzahn und
Eine ehemalige Heidekönigin, die den Container als Miss "Ach, was weiß ich" verließ. Ein Hund, der endlich wieder Hund sein durfte. Und Fernsehzuschauer, die sich nach fünfzehn Tagen halb erleichtert, halb entsetzt fragten: Worüber sollen wir jetzt lästern?
Das ist die nüchterne Bilanz nach vierzehn Tagen "Promi Big Brother". Selten wurde einer Sache so entgegengefiebert wie dem Ende von "Promi Big Brother" (Sat.1). Die schlampige Kopie der Reality-Show "Dschungelcamp" hangelte sich am Ende zwar wieder aus dem Quotenkeller – dank der beiden stärksten Waffen der neuen Teilzeitbewohnerin Pamela Anderson.
Sie trug dem Sender Sat.1 aber nur Hohn und Spott ein. "Promi Big Bullshit wird uns wohl auf ewig in Erinnerung bleiben als am undurchdachtesten, sinnfrei in den Äther gegöbelte Promi-Qual-Show aller Zeiten", ätzte der TV-Kritiker Oliver Kalkofe. War es wirklich so schlimm? Ein Rückblick.

Schmerzensgeld für Komparsen

Warum sollte man sich diese Container-Soap auch dann mal angeschaut haben, wenn man nicht gerade zufällig für eine Doktorarbeit über verbale Insuffizienz recherchiert?
Warum sollte man sich das antun? Bewohner, die kaum einer kennt, sinnfreie Spiele wie "Fang das Ei" oder "Dusch dir den Wolf" und zwei Moderatoren im Pointenstreik. So etwas schaltet nur ein, wer keine bessere Alternative zu den Spots mit dem chronisch schlecht gelaunten Brot Bernd in der Nachtschleife auf dem Kinderkanal findet oder wem der Gerichtsvollzieher im Nacken sitzt.
Sechs Euro pro Stunde zahlte eine Komparsenagentur Zuschauerdarstellern. Dafür, dass sie sich vor dem Container in Berlin-Adlershof die Beine in den Bauch standen und jeden noch so schalen Witz von Moderator "Prolli-Ocher" (Kalkofe) so frenetisch jubelnd quittierten, als gäbe es achtzehn Prozent auf alles (bis auf Tiernahrung).
Man fragte sich, wo die Gewerkschaft blieb, wenn man sie am dringendsten brauchte. Sechs Euro, das entsprach nicht mal dem gesetzlichen Stundenlohn. Es war eher eine Art Schmerzensgeld.
Ist auf Fremdscham kein Verlass mehr? Doch, natürlich. Das ganze Reality-TV setzt auf dieses Prinzip. Sonst hätte das RTL-"Dschungelcamp" seinen eigenen Quotenrekord nicht von Staffel zu Staffel gesteigert.
Doch solche Formate funktionieren nur, wenn der Sender Bilder auswählt, mit denen sich Geschichten erzählen lassen. Dramolette. Tragödien. Schurkenstücke. Momentaufnahmen von Bewohnern, die mit offenem Mund schnarchen, sich den Sack kraulen oder Promille-umnebelt auf High Heels über einen imaginären Laufsteg staksen, passen besser zu "Upps! – Die Pannenshow". Take that, Sat.1!

Pamela Anderson machte Quote

Aber warum ist die Quote dann auf wundersame Weise über den Senderschnitt gestiegen, als Pamela Anderson als Teilzeitbewohnerin in den Container zog?
Gute Frage. Als die Badenixe in den 90er-Jahren in der US-Serie "Baywatch" halb ertrunkene Badegäste widerbelebte, hatten die jüngsten Zuschauer noch nicht einmal das Stadium einer Keimzelle erreicht. Am Wiedererkennungseffekt hat es also nicht gelegen. Eher aus Versehen hat die fleischgewordene Barbie Sat.1 von der Aufgabe entbunden, ihr eine Rolle auf den Leib schneiden zu müssen.
Pam blieb ein Fremdkörper im "Freudenhaus" (Sat.1). Ein Wunderwerk der Schönheitschirurgie, das dafür bezahlt wurde, dass es sich lasziv auf einer Rattancouch rekelte.
Mit der 46-jährigen Kalifornierin zog der Sex-Appeal und das stille Entsetzen über diese Ansammlung von Profilneurotikern in den Container. Was das 46-jährige Pin-up-Girl wohl in den USA über ihre Mitbewohner erzählt?
Immerhin, außer einer Handvoll Dollar hat sie einige Brocken Deutsch eingesackt. Die wichtigste Lektion hat ihr Martin Semmelrogge eingetrichtert, der chronisch beschwipste "Semmelknödeldüdel": "Opium bringt Opi um."

Jenny gewinnt "Promi Big Brother"

Und wer musste die scheußliche Big-Brother-Trophäe mit nach Hause schleppen? Als Siegerin verließ Jenny Elvers-Elbertzhagen den Container. Die Heidekönigin von 1990, die sich zuletzt durch ein gelalltes TV-Interview und einen öffentlich zelebrierten Alkoholentzug zurück in die Schlagzeilen katapultiert hatte.
Wenn sie im Container auffiel, dann dadurch, dass sie so unauffällig war. Eine Märtyrerin mit versteinerter Miene. Warum gerade sie sich im Blondinen-Finale gegen Marijke "Miss Ellie" Amado und eine Zicke durchgesetzt hat, deren Namen wir leider schon wieder vergessen haben?
Fragen Sie Sat.1. Der Sender wird wissen, warum er das Wahlverfahren auf den Kopf stellte. Anders als im "Dschungelcamp" wurden die Kandidaten abgewählt. Ein Prinzip, das unbedingt auch bei der nächsten Bundestagswahl erprobt werden sollte: Es gewinnt der, der am wenigsten nervt.

Sympathieträger war ein Hund

Gab es denn gar keine Sympathieträger im Container? Doch, Gewinner der Herzen war ein Hund. Jottem, der vierbeinige Liebling von Marijke Amado. Als sein Frauchen im Finale mit Kreislaufkollaps auf dem Laufband zusammensackte, da zeigte dieser lebende Flokati etwas, was man in diesem Container noch gar nicht kannte: Mitgefühl.
Wer oder was nervte am meisten? An erster Stelle: Oliver Pocher und Cindy aus Marzahn, ein Paar wie Dick & Doof. Sie überließen den Insassen nicht die Bühne, wie es sich für professionelle Moderatoren gehört.
Sie versuchten, den Kandidaten die Show zu stehlen. Und das ging schief. Denn außer grellem Make-up, glitzernden Ganzkörper-Gardinen und schalen Witzen auf Kosten der Insassen hatten die beiden nichts zu bieten. Gruseliger als Pochers Semmelrogge-Parodie war nur noch die seelenlose Darth-Vader-Stimme des Big Brother. Aber den sah man wenigstens nicht.

"Schlotzen" ist Lieblingswort der Bewohner

Konnte man auch etwas lernen? Ja, wie haue ich vorzeitig in den Sack und verkaufe das als Heldentat? US-Schauspieler Davids Hasselhoff schob seinen alten und einsamen Daddy in L.A. vor. Eine gewisse Sarah-Joelle probierte es mit einem kranken Opi. Rechtzeitig zum Finale war die Verwandtschaft dann übrigens auf wundersame Weise wieder gesundet. Sachen gibt's.
Und was war nochmal "Schlotze"? Das Lieblingswort der Insassen. Ein Synonym für Rotz, aber viel klangvoller. Oder gibt es ein Wort, das das Elend dieser unmotiviertesten Gurkentruppe nach der FDP präziser beschreibt als dieses eine Verb. Konjugieren Sie mit: Ich schlotze. Du schlotzt. Er/sie/es schlotzt. Wir schlotzen. Ihr schlotzt. Sie schlotzen. Und jetzt bitte im Präteritum.

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